1883-1924
(1)
„Als Philosoph ist Kafka bisher nicht in Erscheinung getreten; er selbst hätte sich wohl kaum als ein solcher verstanden. Kann man trotzdem von einer Philosophie, d. h. vom Zusammenhang eines Denkens sprechen, das auch Kafka selbst – spätestens nach Zürau – klar vor Augen stand?Unter Berücksichtigung meist ausgeblendeter Motive erscheint bereits bei einer unkommentierten Sortierung der Zürauer Texte, der Zusammenhang eines Denkens in schöner Sinnfälligkeit. In den Anklängen zur Prosa, nach Hinweisen im Tagebuch und vor allem im Licht der Selbstaussagen über den persönlichen Grund seines Denkens, erscheint eine ungemein hoffnungsvolle Philosophie in poetischer Plausibilität, getragen von einem - von Kafka oft betonten - Glauben“ (S.217). Für den Autor finden sich in den Zürauer Texten Elemente, die ihn letztlich von“poetischer Philosophie Franz Kafkas sprechen lassen.
Quelle: Grube, Axel: Im Paradies wie immer. Eine poetische Philosophie Franz Kafkas. onomato Verlag. Düsseldorf 2023. ISBN 978-3-949899-15-7
(2)
Eine Position, die andere Akzente setzt:
"Franz Kafka hat auch seine Tagebuchnotizen und Briefe als wichtige. literarische Arbeiten verstanden, keineswegs nur als „Beiläufiges“, „Sekundäres“. Seine Aphorismen erscheinen wie Lehrsätze, die sich auch auf vorgegebene Weisungen, Normen, Gebote, Konventionen beziehen. Kafkas Aphorismen, die 1917 in Zürau in Oktavheften geschriebenen, wirken eher wie Kommentare, betont der Germanist Peter – André Alt. Es sind Hinweise zur Lebensgestaltung. Sie führen aber nicht in allseitige Klarheit und Durchsichtigkeit. Die Aphorismen überschreiten logische Argumente, sie leben vom Widerspruch zu alltäglichen Selbstverständlichkeiten. „Kafka hatte einen Widerwillen gegen analytische Abstraktion“, schreibt Alt (S. 82), er lehnte abstrakt argumentierende Philosophien mit ihren „klaren Antworten“ ab. Es geht ihm bei den Lebensfragen (als Hintergrund der Aphorismen) nur darum, den geistigen, auch den religiösen Horizont zu öffnen, in dem eventuell Ansätze von Antworten auf diese Lebensfragen wenigstens ahnbar werden.
Kafka hat keine Vorliebe zur Philosophie entwickelt, hingegen ist sein Interesse am Werk des Philosophen Kierkegaard durchaus bemerkenswert… weil Kierkegaard auch das literarische Erzählen hochschätzt."
(Christian Modehn 2024/ https://religionsphilosophischer-salon.de/topics/kafka )
Link zur den "Zürauer Oktavheften": http://www.kafka.org/index.php?unpub1916_1918
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