Transzendenz der Zahl Pi
Ist die Quadratur des Kreises möglich?
Wir haben oben gezeigt, dass π keine rationale Zahl ist. Aber es kommt noch schlimmer: Während $\sqrt{2}$ auch irrational ist, ist sie wenigstens algebraisch, d.h. sie ist Lösung einer polynomialen Gleichung mit ganzzahligen oder rationalen Koeffizienten, in diesem Fall ist es die Gleichung $x^{2} - 2 = 0$. Eine nichtalgebraische Zahl wird als transzendent bezeichnet. 1882 konnte Ferdinand von Lindemann zeigen, dass π transzendent ist. Wie hat er das gemacht?
Die Vorarbeit leistete 1873 Charles Hermite. Er zeigte, dass die Eulersche Zahl e transzendent ist. Ferdinand von Lindemann zeigte, dass die Eulersche Zahl e, wenn sie mit einer algebraischen Zahl ungleich Null potenziert wird, transzendent ist (Anders formuliert: Ist α≠0 eine algebraische Zahl, so ist $e^{α}$ transzendent). Wir brauchen auch noch die Eulersche Formel: $e^{iπ} = -1$. Jetzt haben wir alle Zutaten für den Widerspruchsbeweis:
Wir nehmen an, dass π algebraisch sei. Die imaginäre Einheit i ist algebraisch, denn sie ist Lösung der Gleichung $x^{2} + 1 = 0$. Man kann zeigen, dass auch das Produkt zweier algebraischer Zahlen wieder algebraisch ist. Also ist iπ eine algebraische Zahl. Weiter folgen wir nach Lindemann, dass $e^{iπ}$ transzendent ist, denn die Eulersche Zahl e wird mit einer algebraischen Zahl ungleich Null potenziert. Also ist -1 transzendent. Die Zahl -1 ist aber Lösung der Gleichung x+1 = 0 und somit algebraisch. Nun haben wir den Widerspruch. Die Annahme ist falsch. Also ist π transzendent.
Wenn du dich fragst, ob es mehr algebraische oder mehr transzendente Zahlen gibt, dann lautet die überraschende Antwort, dass es wesentlich mehr transzendente als algebraische Zahlen gibt, so gesehen ist π nichts Außergewöhnliches.
Noch erstaunlicher ist die Konsequenz aus der Transzendenz von π: Die Griechen der Antike hatten drei Lieblingsprobleme, die sie nur in endlich vielen Schritten mit Zirkel und Lineal ohne Maßeinteilungen lösen wollten:
- die Quadratur des Kreises (aus einem gegebenen Kreis ein Quadrat mit demselben Flächeninhalt zu konstruieren)
- die Dreiteilung des Winkels (einen gegebenen Winkel in drei gleich große Winkel zu unterteilen)
- die Würfelverdopplung (das Volumen eines gegebenen Würfels zu verdoppeln)
Leider stellte sich erst im 19. Jahrhundert mithilfe algebraischer Methoden heraus, dass alle drei Probleme nur mit Zirkel und Lineal nicht lösbar sind.
Für die Quadratur des Kreises können wir die Unlösbarkeit jetzt begründen: Die Quadratur des Kreises, also die Konstruktion eines Quadrats mit demselben Flächeninhalt wie der des Kreises, ist äquivalent zur Konstruktion einer Geraden der Länge π, wobei man von einer Geraden der Länge 1 ausgeht. Man kann zeigen, dass jede Zahl, die sich auf diese Weise konstruieren lässt, algebraisch sein muss. Da π, wie wir oben gesehen haben, nicht algebraisch ist, ist die Konstruktion nicht möglich.
Trotzdem versuchen viele Hobbymathematiker, die Quadratur des Kreises zu lösen. Du darfst ab jetzt wohlwollend über diese Versuche lächeln.