Lernpfad: Das Integral als Grenzwert von Ober- und Untersumme

Einstieg

Vorstellung der Streifenmethode

 

Bei krummlinig begrenzten Flächen schlug Archimedes eine Streifenmethode vor, wobei die krummlinige Begrenzung durch den Graphen x → f(x) gegeben sein soll. Diese Streifenmethode wird die Grundlage unserer ersten Berechnungen sein. Die Fläche wird durch eine Folge "einbeschriebener" und "umbeschriebener" Rechtecke angenähert. Durch fortgesetzte Unterteilung nähern sich die innere und die äußere Rechtecksumme dem gesuchten Flächeninhalt an.

Die Fläche unter der Geraden y=x

 

Die Gerade y=x schließt mit der x-Achse und der Geraden x=a (a>0) eine Fläche ein.

Dieser Flächeninhalt $A_{0}^{a}$ lässt sich elementar berechnen. Es gilt:

$A_{0}^{a}=\frac{1}{2}⋅a⋅a=\frac{1}{2}a^{2}$ (Dreiecksfläche = Grundseite mal Höhe durch 2)

Zur Verwendung der Streifenmethode wird das Intervall I=[0;a] in n gleich lange, abgeschlossene Teilintervalle zerlegt. Über diesen Strecken mit der Länge h=Δx=a/n werden ein- und umbeschriebene Rechtecke errichtet (siehe Reiter Einführung).

Es entsteht eine untere Treppenfläche (Untersumme sn) und eine obere Treppenfläche (Obersumme Sn).

Bestimmung der Summen der Rechteckflächen:

Breite der Rechtecke: h

Höhe der Rechtecke: n⋅h

In der obigen Zeichnung sind fünf Teilintervalle gezeichnet:

Berechnung von S5 und s5:

S5 = h⋅h + h⋅2h + h⋅3h + h⋅4h + h⋅5h = h2⋅(1+2+3+4+5)

s5 = h⋅h + h⋅2h + h⋅3h + h⋅4h = h2⋅(1+2+3+4)

Verallgemeinerung auf n Teilintervalle (n∈$\mathbb{N}$):

Sn = h⋅h + h⋅2h + h⋅3h + h⋅4h + h⋅nh = h2⋅(1+2+...+n)

s5 = h⋅h + h⋅2h + h⋅3h + h⋅4h + h⋅(n-1)h = h2⋅[1+2+...+(n-1)]

Sowohl bei Sn als auch bei sn tritt eine Summe aufeinanderfolgender natürlicher Zahlen auf.

< Sn > und < sn > stellen Zahlenfolgen dar.

Wie erhält man die Summe der ersten n natürlichen Zahlen?

Dazu benutzt man die Formel: $1+2+...+n=\sum\limits_{ν=1}^{n}ν=\frac{n(n+1)}{2}$

Für die Summen der Rechteckflächen erhält man damit:

$S_{n}=h^{2}⋅\frac{n⋅(n+1)}{2}=\frac{a^{2}}{n^{2}}⋅\frac{n^{2}(1+\frac{1}{n})}{2}=a^{2}⋅\frac{(1+\frac{1}{n})}{2}$ (Bei (n+1) wird n ausgeklammert , anschließend wird mit n² gekürzt.)

$s_{n}=h^{2}⋅\frac{(n-1)⋅n}{2}=\frac{a^{2}}{n^{2}}⋅\frac{n^{2}(1-\frac{1}{n})}{2}=a^{2}⋅\frac{(1-\frac{1}{n})}{2}$ (Denke auch hier an das Ausklammern und an das Kürzen.)

Nach den Grenzwertsätzen für Zahlenfolgen gilt:

$\lim\limits_{n→∞}a^{2}⋅\frac{(1+\frac{1}{n})}{2}=\frac{a^{2}}{2}\lim\limits_{n→∞}(1+\frac{1}{n})=\frac{a^{2}}{2}⋅1=\frac{a^{2}}{2}$ ($\frac{1}{n}$ ist eine Nullfolge)

$\lim\limits_{n→∞}a^{2}⋅\frac{(1-\frac{1}{n})}{2}=\frac{a^{2}}{2}\lim\limits_{n→∞}(1-\frac{1}{n})=\frac{a^{2}}{2}⋅1=\frac{a^{2}}{2}$

Es folgt also: $A_{0}^{a}=\frac{1}{2}a^{2}$ Dies ist auch das Ergebnis der elementaren Rechnung (siehe oben).

Für die Fläche $A_{a}^{b}=A_{0}^{b}-A_{0}^{a}$ mit b > a ergibt sich entsprechend:

$A_{a}^{b}=\frac{1}{2}b^{2}-\frac{1}{2}a^{2}$

Vertiefung 1

Für die mathematisch Interessierteren folgt nun noch ein strenger Beweis, dass gilt:

$1+2+...+n=\sum\limits_{ν=1}^{n}ν=\frac{n(n+1)}{2}$ 

Es gilt: $\sum\limits_{ν=1}^{n}[(ν+1)^2-ν^2]=(n+1)^2-1$ (Schreibe die Summanden der Reihe nach auf, nur $(n+1)^{2}$ und $-1^{2} = -1$ bleiben übrig.)

Daraus folgt: $\sum\limits_{ν=1}^{n}(ν^2+2ν+1-ν^2)=n^2+2n+1-1$ (zweimaliges Anwenden der 1. Binomischen Formel)

$\Leftrightarrow \sum\limits_{ν=1}^{n}(2ν+1)=n^2+2n$ (klar)

$\Leftrightarrow \sum\limits_{ν=1}^{n}2ν+\sum\limits_{ν=1}^{n}1=n^2+2n$ (klar)

Es gilt:

$\sum\limits_{ν=1}^{n}1=\sum\limits_{ν=1}^{n}1⋅ν^{0}=1⋅1^{0}+1⋅2^{0}+...+1⋅n^{0}=1⋅1+1⋅1+...+1⋅1=1+1+...+1$

Die 1 kommt n-mal vor, also ist $\sum\limits_{ν=1}^{n}1=n$. Damit folgt:

$2\sum\limits_{ν=1}^{n}ν+n=n^2+2n$

$\Leftrightarrow 2\sum\limits_{ν=1}^{n}ν=n^2+n$ (Auf beiden Seiten -n)

$\Leftrightarrow \sum\limits_{ν=1}^{n}ν=\frac{n^2+n}{2}=\frac{n(n+1)}{2}$ (Auf beiden Seiten /2)

Die Fläche unter der Normalparabel y=x²

Die Normalparabel y=x² schließt mit der x-Achse un der Geraden x = a mit a > 0 eine endliche Fläche ein. Dieser Flächeninhalt $A_{0}^{a}$ ist mit Hilfe der Streifenmethode zu bestimmen.

Breite der Rechtecke: $h=Δx=\frac{a}{n}$

Höhe der Rechtecke: Funktionswerte an den Rechtecksenden, z. B. f(2h)=4h²

Für die Obersumme gilt:

Sn = h⋅h²+h⋅(2h)²+...+h⋅(nh)²=h³(1²+2²+...+n²)

Für $1²+2²+...+n²=\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^2$ gibt es eine Berechnungsformel:

$\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^2=\frac{n(n+1)(2n+1)}{6}$

Damit folgt $S_{n}=h^{3}⋅\frac{n(n+1)(2n+1)}{6}=\frac{a^{3}}{n^{3}}\frac{n^{3}(1+\frac{1}{n})(2+\frac{1}{n})}{6}$

Wer den letzten Schritt nicht versteht, für den gibt es einen Tipp. Klammere bei (n+1) n aus, dann klammere bei (2n+1) n aus. Ich hoffe, dass du jetzt verstehst, warum aus n plötzlich n³ wird und aus (n+1) (1+$\frac{1}{n}$) und aus (2n+1) $(2+\frac{1}{n})$.

Nun wird mit n³ gekürzt: $S_{n}=a^{3}\frac{(1+\frac{1}{n})(2+\frac{1}{n})}{6}$ Daraus folgt für den Grenzwert:

$\lim\limits_{n\to\infty}S_{n}=\lim\limits_{n\to\infty}a^{3}\frac{(1+\frac{1}{n})(2+\frac{1}{n})}{6}=\frac{a^{3}}{6}\lim\limits_{n\to\infty}(1+\frac{1}{n})(2+\frac{1}{n})=\frac{a^{3}}{6}⋅1⋅2=\frac{a^{3}}{3}$

Nun folgt die etwas schwierigere Rechnung für die Untersumme:

sn = h⋅h²+h⋅(2h)²+...+h⋅[(n-1)⋅h)²=h³(1²+2²+...+(n-1)²)

Wir haben es hier mit $\sum\limits_{ν=1}^{n-1}ν^2$ zu tun. Wir müssen also in die Formel $\frac{n(n+1)(2n+1)}{6}$ an der Stelle n einfach n-1 einsetzen. Wir erhalten also:

$\frac{(n-1)((n-1)+1)(2(n-1)+1)}{6}=\frac{(n-1)n(2n-1)}{6}=\frac{n(n-1)(2n-1)}{6}$ Für sn erhalten wir damit:

$s_{n}=h^{3}\frac{n(n-1)(2n-1)}{6}=\frac{a^{3}}{n^{3}}\frac{n^{3}(1-\frac{1}{n})(2-\frac{1}{n})}{6}=\frac{a^{3}(1-\frac{1}{n})(2-\frac{1}{n})}{6}$

Daraus folgt für den Grenzwert: $\lim\limits_{n\to\infty}s_{n}=\frac{a^{3}}{3}$.

Damit haben wir: $A_{0}^{a}=\lim\limits_{n\to\infty}S_{n}=\lim\limits_{n\to\infty}s_{n}=\frac{a^{3}}{3}$

Für die Fläche $A_{a}^{b}$ mit b>a, also für $A_{a}^{b}=A_{0}^{b}-A_{0}^{a}$, ergibt sich somit:

$A_{a}^{b}=\frac{b^{3}}{3}-\frac{a^{3}}{3}$

 

 

 

 

Vertiefung 2

Für die Sehr Interessierten unter Euch folgt jetzt der schwierige Beweis, dass gilt:

$\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}=\frac{n(n+1)(2n+1)}{6}$

Ausgangspunkt ist die folgende Gleichung:

$\sum\limits_{ν=1}^{n}[(ν+1)^{3}-ν^{3}]=(n+1)^{3}-1$. Wenn du die Summanden der Reihe nach aufschreibst, wirst du feststellen, dass nur $(n+1)^{3}$ und $-1^{3}=-1$ übrigbleiben.

Im Folgenden werden nur noch die linke bzw. rechte Seite vereinfacht.

Zuerst die linke Seite:

$\sum\limits_{ν=1}^{n}[(ν+1)^{3}-ν^{3}]=\sum\limits_{ν=1}^{n}[ν^{3}+3ν^{2}+3ν+1-ν^{3}]$ Hier bleibt Dir nichts anderes übrig, als $(ν+1)^{3}=(ν+1)(ν+1)(ν+1)$ auszurechnen. Wiederhole dafür den Trick mit dem Pascalschen Dreieck!

$\sum\limits_{ν=1}^{n}[ν^{3}+3ν^{2}+3ν+1-ν^{3}]=\sum\limits_{ν=1}^{n}[3ν^{2}+3ν+1]$ (klar)

$\sum\limits_{ν=1}^{n}[3ν^{2}+3ν+1]=3⋅\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}+3⋅\sum\limits_{ν=1}^{n}ν+\sum\limits_{ν=1}^{n}1$ (Das Summenzeichen wird auf die einzelnen Summanden verteilt.)

Für $\sum\limits_{ν=1}^{n}ν$ gibt es eine Berechnungsformel, die wir schon benutzt und sogar bewiesen haben (siehe Reiter "Vertiefung 1"): Unser alter Bekannter $\frac{n(n+1)}{2}$. Auch wissen wir schon aus "Vertiefung 1", dass $\sum\limits_{ν=1}^{n}1=n$ ist.

Insgesamt folgt also für die linke Seite:

$\sum\limits_{ν=1}^{n}[3ν^{2}+3ν+1]=3⋅\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}+3⋅\frac{n(n+1)}{2}+n=3⋅\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}+\frac{3}{2}n^{2}+\frac{3}{2}n+n=3⋅\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}+\frac{3}{2}n^{2}+\frac{5}{2}n$

Nun die rechte Seite: $(n+1)^{3}-1=n^{3}+3n^{2}+3n+1-1=n^{3}+3n^{2}+3n$.

Wir erhalten also:

$3⋅\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}+\frac{3}{2}n^{2}+\frac{5}{2}n=n^{3}+3n^{2}+3n$

$\Leftrightarrow3⋅\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}=n^{3}+\frac{3}{2}n^{2}+\frac{1}{2}n$ (Auf beiden Seiten $-\frac{3}{2}n^{2}$ und $-\frac{5}{2}n$)

$\Leftrightarrow\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}=\frac{1}{3}(n^{3}+\frac{3}{2}n^{2}+\frac{1}{2}n)$ (Auf beiden Seiten :3)

$\Leftrightarrow\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}=\frac{1}{6}(2n^{3}+3n^{2}+n)$ (Bei der Klammer auf der rechten Seite der Gleichung wurde $\frac{1}{2}$ ausgeklammert.)

$\Leftrightarrow\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}=\frac{1}{6}n(2n^{2}+3n+1)$ (Bei der Klammer auf der rechten Seite der Gleichung wurde n ausgeklammert.)

Es gilt: $(n+1)(2n+1)=2n^{2}+n+2n+1=2n^{2}+3n+1$ Also folgt schließlich:

$\sum\limits_{ν=1}^{n}ν^{2}=\frac{1}{6}n(n+1)(2n+1)$

Animation zur Ober- und Untersumme bei der Normalparabel

In der folgenden Animation siehst du, wie sich mit der wachsenden Anzahl der Rechtecke die Ober- und die Untersumme immer mehr dem wahren Flächeninhalt von $A_{0}^{2}=\frac{1}{3}2^{3}=\frac{8}{3}≈2,67$ annähern und die Differenz zwischen Ober- und Untersumme folgerichtig immer weniger wird.

 

Animation

basiert maßgeblich auf JSXGraph

Geometrieaufgabe:

erstellt mit Geogebra

Verallgemeinerung

Text

richtigeantwort

Mehrfach-Auswahl

Aufgabe anzeigen/verstecken

Wähle die richtigen Lösungen aus!

Sie wurde zum ersten Mal angewandt von: (!Euklid) (!Aristoteles) (Archimedes)

Flächeninhalte unterhalb gekrümmter Linien findet man mit welcher Methode? (der Streifenmethode) (!der Induktionsmethode) (!der Grafikmethode)

Die Breite der Rechtecke ist wie beschaffen? (gleich breit) (!unterschiedlich breit)

.. basiert auf dem Quiz-Skript Framework

Informationen für Lehrkräfte zu diesem Lernpfad