Hessischer Bildungsserver / Kriegstagebücher (Webquest)

Auszüge aus dem Kriegstagebuch von Karl Becker

 

Tagebuch: Stellung Loretto - Höhe

Eintritt ins Heer am 20.09.1915 bei Fürst. Regt. 80, 2. Kompanie. Ausgerückt ins Feld am 10.03.1916. Zum Infantrie Regiment 118, 56 Kompanie. Im Rekruten- Depot Neuville – Wandoers – Brünmetz. Am 2. Juni zur der Lehr. – Maschinen Gewehr Kompanie 56 Depot in Damnervoy vor Verdun. Am 15. Juli 1916 abgerückt nach Sarvisi bei Stenny zur Marschienen Gewehr Scharfschützen Abteilung 3/37. Am 16 Juli in Stellung Sallumianus. Am 17 Juli 1916 in Stellung Givenchy – Fimi Höhe. Am 7.8.1916 Sprengung von den Engländern aus. Vier Kameraden von mir gefallen. Zugeteilt den Inft. Regiment 104 und 118. Flieger Leutnant Jnmurlmann gefallen. Am 24. August verladen nach der Stellung Somma, Ort Leschelle. Am 05. September in Stellung Ginchy. Am 6 September in den ersten Graben vorgerückt. Am 9 und 10 September Großkampftage. Abend 6 Uhr und 7 Uhr von den Engländern umzingelt bis zum 12 September. Befreit durch die beiden Regt. 14 und 19 Bayern. (…)

Stellung Reims 1916




Gedicht: „Die Toten auf der Loretto-Höhe“

1) Loretto deine Höhen, sie sind so rot wie Blut,
gar mancher braver Krieger gab hier sein höchstes Gut.
Gab hier sein junges Leben, starb fürs Vaterland,
Für das wir alle kämpften mit Herz und Hand.


2) Wir kämpften um den Frieden, ja mancher fand ihn dort.
Manch einer den die Hoffnung beseelte fort und fort.
Zu sehen die lieben Eltern im Heimort so (…),
zu sehen auch die Geschwister, zu sehn die liebe Braut.


3) Doch ohne dessen Willen kein Haar vom Haupte fällt.
Sie möchte sie alle trösten sie weinen um den Held.
Er möchte es Ihnen sagen, was mir so schwer nun fällt,
das sie nicht sollen klagen. Er starb als Deutscher Held.

4) Auch Ihr, Ihr lieben Brüder, die Ihr da droben liegt,
Mann kennt nicht euren Namen, kennt auch nicht das Gesicht,
Mann konnt Euch nicht begraben, der Feind gab es nicht zu.
Doch Gott hatt Euch gegeben die wohl verdiente Ruh.





Gedicht:Notre Dame de Loretto

1)Es ragen jegen Himmel die Berge kahl
Die Täler und Schluchten ohne Zahl
Die Äcker getränkt mit Menschenblut
Zeugen! Ohnmächtige welsche Wut.
Wo im heißem Ringen mit scharfem Schwert,
dem Feinde den Durchbruch wurde verwährt,
wo Deutscher Mut und Deutsche Kraft
des Gegners Ansturm zum stehen gebracht!


2) Der heilige Berg entthronet durch das mächtige Blutige Werk
Die unentwegt von Rache gesprochen
Den grausamen Kampf vom Zaune gebrochen. So bringt er dem eigenen Lande kein Glück,
Und hier erfüllt sich Frankreichs geschick.
In Kampfes Getöse und Sturmenwettern,
Der welschen Haussöhnlein zerschmettern
Das war auf der Loretto!


3) Nun nennt mir die Namen, die hier geblieben.
Die tapfer für Deutschland Ehre gestritten,
mit zähem Ringen bei Tag und Nacht.
Geworfen des Feindes Übermacht. Die Söhne Preußens sind es gewesen, die hier gefegt mit Eisernem Besen
Unsterblicher Ruhm wird sie stets begleiten. Durch Geschlecht und ewige Zeiten

(In Stellung auf der Loretto 1916)





Gedicht: Nach der Schlacht

1.) Die Schlacht ist aus, die Rohre schweigen
Mit müden Schritten kommt die Nacht.
Dicht hinter Freund und Feindesleichen
Halt ich im Schützengraben wacht.


2.) Der Nachtwind flüstert in den Zweigen
Sein Lied, das Lied und Schmerzen stillt.
Und all die wilden Bilder bleichen meine Seele
Tagesdurchwühlt. 


3.) Erhaben über Blut und Grauen, ziehen Sterne stumm ihre Bahn
Ganz sacht verlier ich mich ins Schauen,
Und süsses Sinnen kommt mich an.


4.) Ich seh die Lieb am Fenster stehn, umschimmert von dem Mondlicht
Hör  bang dich zu den Sternen flehen: „Verlass o, Herr, Verlasse Ihn nicht“


5.) Seh angstvoll Dich den Nachtwind lauschen,
Was er von Schlacht und Siegen singt.
Ob nicht aus seinem Zauberrauschen
Ein Tagesseufzer zu dir dringt. 


6.) Schlaf ruhig Lieb, Er schützt uns beide.
Der unser heißes Flehen hört,
Mich hier im Blutigem Männerstreite
Und dich Daheim am stillen Herd. 


(geschrieben im Kriegs-Lazarett. Manbert-Fontain am 7.1.1917)




Gedicht:Die große Offensive in Frankreich 1916

1.) Ich glaub da drüben geht was vor!
Leis raunt es einem dem anderen ins Ohr.
Es ist still geworden seit einigen Tagen ob die wohl einen Angriff wagen? Der Hauptmann ist ernst, der Leutnant so still mag es kommen wie es will,
Was macht ein Deutscher Soldat sich draufs, der Feind mag kommen wir halten aus.

2.) Die Flieger melden: „Beim Feind rückt an, Verstärkung hundertausend Mann. Lautlose Linien sehen wir kommen, obwohl sie vor der Deckung genommen. Munitionskolonnen fahren zur Front, mehr als man jemals beobachten konnt. Das gibt wies scheint einen scharfen Streit. Jetzt gilts Kameraden Jetzt haltet aus.“


3.) Da kracht es auch schon, das die Erde bebt, hat man schon solchen Donner erlebt? Wild blitzt es aus vielen Tausend Schlünden, die den Deutschen Scharen Verderben wünschen. So heult, es stöhnt, es rauch und zischt ein Rauch und Splittern von eisernem Gischt. Millionen Geschosse speien sie aus. Wir bleiben ruhig, wir halten aus.


4.) Wie schleichend Stund um Stund verringt. Ob nicht bald der wilde Ansturm beginnt? Ob wir noch lange die Qual ertragen? Die Stunde schleicht und mordet so lange. So graben Geschosse ringsherum, es hagelt mir ein Gewittersturm. Und wir in diesem Höhlengebraus! Uns klopft das Herz, wir halten aus.


5.) Zu End geht fast der dritte Tag, in Feuer und Blitz und Hagelschlag. Die Sinne schwinden die Kräfte ermatten, in den Unterständen schwankende Schatten. In Hundertzwanzig Stunden in Qual voller Pein, in hundertzwanzig Stunden kein Aug zu. Wir Schützen denken wehmütig den Lieben zu Haus, an Weib und Kind. Wir halten aus.


6.) Was schleichen für graugelbe Wolken herum? Hat die Höllenkreatur sich aufgetan? Es wälzen sich näher die giftigen Gase. – Lebt wohl Kameraden, nach hundertzwanzig Stunden in Qual voller Pein kann der Tod doch Erlösung mir sein, Und doch der Gedanke an Heimat und Haus, mir leiht uns Standhaftigkeit, wir halten aus:


7.) Und nun kommt der langerwartete Sturm, die Deutsche Zinn stehe fest wie ein Sturm. Es mähen unsere Mach-Gewehre Reihe um Reihe, doch feindliche Scharen stürmen heran. Ein Kampf entspinnt sich, Mann jagen Mann. Haucht doch mancher Deutscher sein Leben aus. Wir hielten aus.


8.) Der Tod geht mit um beim Freund und Feind bleich liegen die Toten still vereint. Der Feind dringt ein mit neuen Massen, wir müssen ihm manchen graben lassen. Der zerschossen, zerwühlt, keine Deckung mehr biet. Der Feind mag ihn wohl besetzen heut! Doch Morgen fliegt er wieder hinaus! Sieg oder der Tod! Wir halten aus.


9.) Wir haben gestanden als ehrende Wehr,
Wir haben geblutet für Deutschlands Ehr. Nicht sah man uns zaudern, nicht sah man uns schwanken. Ob die uns daheim gebliebenen wohl danken? Wir kämpfen für Kaiser für Freiheit und Reich! Denkt wohl daran im friedlichen Heim. Wenn wir nicht hielten aus?


(geschrieben an der Somme, 15.11.1916)





Gedicht:Wie lange noch?

1.) Du armes Herz, gekält, gehetzt, was schlägst du zum zerspringen
Ich sehne mich von Leid gehetzt zur Ruhe nach allem Ringen.


2.) Bei jedem neuem Morgenrot, bei jedem Abendschatten, bei Streiten, Stürmen, Todesnot bei Siegen und Ermatten.

3.) Gar treu vollbracht ich meinen Lauf. Nun will ich fast verzagen. Blick sehnend heiß zum Himmel auf. Zur Ruhe las mich tragen.

4.) Wie lange noch, o großer Gott. Soll Blut die Erde tränken. Wie lange noch in Gram und Not, der Mütterherz versinken.

5.) O, sende Retter in der Pein, herab den Friedensengel, wie lange nicht…verharrt in Zorn. Den aller Feind Bezwinger.

(geschrieben am Winterberge am 28.05.1917)